Führung durch die Marzipanfabrik OHDE Berlin
Doch zunächst ein Blick auf die Ursprünge der Fabrik und ihrer ehemaligen Betreiber.
1852 war die Confiseur-Waren-Handlung Felix & Sarotti in der Friedrichstraße gegründet worden. Ihre beliebten Chocoladen führten zu einem solchem Geschäftsaufschwung, dass die Firma mehrfach ihren Produktionsstandort ändern musste. Genauso erging es dem Stuttgarter Konditor Hugo Hoffmann, der 1868 nach Berlin kam und in der Mohrenstrasse einen Laden für feine Schokoladen gründete. Die beiden Geschäftsleute arbeiteten schon länger zusammen als Hoffmann Felix & Sarotti 1881 ganz übernahm.
Da das damalige Berlin auf die kleine Fläche von Berlin und Cölln reduziert war, gab es kaum Platz für Erweiterungen, die aufgrund der hohen Nachfrage nach Schokoladenerzeugnissen notwendig wurden. 1870 wurden allein nach Deutschland schon über 1000 t Rohkakao eingeführt. Nachdem Felix & Sarotti noch einen Bau am heutigen Mehringdamm 57 bezogen hatten, wurde man schließlich mit inzwischen 1800 Arbeitsplätzen (80% dvon Frauen) im Kreis Teltow fündig. Ehemals ein landschaftlich reizvolles Terrain, das ursprünglich für eine Villenkolonie angekauft worden war, entwickelte es sich nun rasant mit dem Bau des Teltowkanals und der parallelen Eisenbahnstruktur zum bevorzugten Industriestandort Berlins. Ab 1900 siedelten sich hier viele Großbetriebe an, 1911–12 entstand der Fabrikkomplex für Sarotti, gegenüber wurde gleichzeitig die Großwäscherei Reibedanz nach Plänen von Bruno Taut und Franz Hoffmann hochgezogen. Als Architekt wurde Hermann Dernburg beauftragt, der das 5-geschossige Gebäude mit tragendem Stahlbetonskelett über einem quadratischen Grundriß mit großem Hof entwarf. Die Ausführung übernahm Oskar Otto Müller. Die horizontale Gliederung wurde durch die Fensterbänder betont, deren querrechteckige Fenster mit schmalen Fensterbrüstungen ausgestattet wurden. An der Teilestrasse sind die Verbindungstrakte um ein Joch gegenüber den Längsflügeln der Kopfbauten zurückgesetzt, was die strenge Gleichmässigkeit der Front belebt. Die Treppentürme wurden an die Ecken gelegt, sodaß die Produktionsabläufe nicht unterbrochen wurden.
Eine Teilnehmerin der Führung erzählte, daß sich die Kantine auf dem Dach befand und ihre Mutter, die bei Sarotti gearbeitet hatte, sich dort mit den Kolleginnen in den Pausen aufhielt.
Die Produkte der Firma waren so erfolgreich, daß der Umsatz, angekurbelt auch durch eine breitgestreute Werbung zu der 1918 das Signet der Sarotti-Mohren kam, einen weiteren Platzbedarf nach sich zog. Der sollte - vermutlich nach Plänen von Dernburg - durch Carl-Emil Bruno Buch durch einen weiteren, sich wiederum um einen Hof anschließenden Komplex abgedeckt werden. Bevor dieser fertig war, zerstörte 1922 ein Grossbrand den ersten Bauteil. Drei Tage lang konnte der Brand nicht gelöscht werden. Als sich der Rauch verzogen hatte, stellte sich heraus, dass das Stahlskelett kaum beschädigt war und diese neuartige Technik sich bewährt hatte. Mit Spritzbeton wurde saniert und schon 1923 der Betrieb auch im alten Teil wieder aufgenommen.
1929 verkaufte Sarotti seine Mehrheit an Nestlé, 1998 ging der Markenname an Stollwerck. Die Produktion in Neukölln lief bis 2004. Heute gehört Stollwerck mit Sarotti zur belgischen Baronie Gruppe und produziert am Standort Berlin in der Motzener Str. 32. Das Signet des Sarotti-Mohrs wurde 1918 in Erinnerung an die Mohrenstrasse eingetragen und geschützt. Heute ist der schwarze Mohr zum goldenen Magier geworden.
Herr Pasewald baute nun mit einem kenntnisreichen Überblick über die Erfindung und Herstellung des Marzipans die Brücke zur heutigen Nutzung des Geländes durch den Eigentümer Hamid Djadda. In Teheran gebürtig, in Hamburg aufgewachsen, mit verschiedenen Geschäftsmodellen Erfahrungen gesammelt, kaufte Djadda die denkmalgeschützte Fabrik und installierte ab 2017 hier mit Rezepten aus der arabischen Heimat aber vielen eigenen und neuen Ideen die feine Marzipanherstellung Ohde. Der hohe Mandelanteil an der eigens für Ohde hergestellten Marzipanmasse, die selbst entwickelten Rezepte für Füllungen und Geschmacksnoten, das elegante Design konnte von allen Teilnehmer*innen der beiden Führungen nicht nur begutachtet, sondern das Marzipan auch probiert werden. Die einhellige Meinung: köstlich!
Bisher ist nur ein Teil der Fabrik mit der Marzipanveredelung belegt, der Standort wird auch von anderen Gewerben genutzt. Wir wünschen Herrn Djadda soviel Erfolg wie die Schokolade es hatte - das Denkmal wird es danken!