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Datum: 05.05.2023 Termin exportieren
Denk mal an Berlin
/ Kategorien: Rückblick

So wenig Denkmalschutz war nie: Pressemeldung des KultererbeNetz.Berlin

 

Pressemitteilung des KulturerbeNetz.Berlin vom 5.5.2023


Sucht man in dem schwarz-roten Entwurf des Koalitionsvertrags den Begriff Denkmalschutz, taucht er nur an vier Stellen auf: Das so genannte „Schneller-Bauen-Gesetz“ soll nicht nur den Wohnungsbau beschleunigen, es soll auch die Baunebenrechte wie den Denkmalschutz und den Natur- und Artenschutz miteinbeziehen. Weiter heißt es, „die Koalition wird das Denkmalschutzgesetz in Bezug auf gewichtige öffentliche Interessen, auch fiskalische, insbesondere beim Klimaschuz, Wohnungs- und Schulbau, neu ausbalancieren“. Zudem beabsichtigt die Koalition, das Landesdenkmalamt und die Obere Denkmalschutzbehörde wieder in die Senatsbauverwaltung einzugliedern. Diese Absicht macht deutlich, dass der Denkmalschutz ausgehöhlt und das Landesdenkmalamt den Interessen der Baubehörde nachgeordnet werden soll.

Der dem KulturerbeNetz.Berlin wichtige Aspekt der „Baukultur“ taucht hingegen nur in Verbindung mit der Schinkel’schen Bauakademie und ihrer „historischen“ Umgebung auf.  Hiermit steht zu befürchten, dass die Spuren der DDR-Moderne weiter geschleift und getilgt werden sollen. Es wird das Leitbild einer „Umbaukultur“ ausgerufen. Das klingt zunächst gut, kann aber in der konkreten Umsetzung zu sehr verschiedenen Resultaten führen. Hier stellt sich die Frage, was dies für die Bauten der Industrie- und Technikgeschichte oder die Baukultur aus den 1950er und 60er Jahren in Ost und West heißen soll, die aufgrund ihrer oft filigranen Konstruktionen schwieriger zu ertüchtigen sind.

Zukunftsweisende Ideen für Großdenkmale wie das ICC Berlin oder das Gebäude des Tempelhofer Flughafens fehlen leider ebenso, wie der Planungsauftrag für die Neunutzung des zu Berlin gehörenden Denkmalensembles der ehemaligen FDJ-Hochschule Bogensee, der im Koalitionsvertrag des rot-grün-roten Senats noch enthalten war. Keine Erwähnung finden auch die zwei aktuellen UNESCO-Welterbe-Anträge, das Jugendzentrum Rathenower Straße oder der ehemalige Flugplatz Johannisthal. Auch das fehlende Bekenntnis zu der, im letzten Koalitionsvertrag noch verankerten, bürgerschaftlichen Partizipation in Belangen des Denkmalschutzes untermauern diese Tendenz. Widerspruchsverfahren, etwa zu investorenfreundlichen Bebauungs-Plänen, sollen verkürzt und möglichst rein digital umgesetzt werden. Lediglich der Olympiapark und die denkmalgeschützten Strandbäder in Ost wie West finden eine kurze denkmalrechtliche Kommentierung. Offen bleibt, was mit der Anpassung des Denkmalschutzgesetzes an gewichtige öffentliche Interessen gemeint ist, wo doch der Denkmalschutz selbst auch ein hochgradiges öffentliches Interesse verkörpert.

Fragen tun sich auch bei der Schulbau-Offensive auf, wo zur Nachnutzung geeignete Bestände ignoriert werden. Hierzu zählt etwa die sanierungsbedürftige Ernst-Reuter-Schule oder das, für moderne Unterrichtsformen sehr geeignete und erst jüngst als Denkmal eingetragene, Diesterweg-Gymnasium im Brunnenviertel, für dessen ikonischen Bau noch immer ein Bekenntnis zur Sanierung fehlt. Beide Gebäude waren Gegenstand einer Veranstaltung des KulturerebeNetz zum Thema „Denkmal Schule – Schulbauten eine Zukunft geben“, wo gemeinsam mit Vertretern von Bezirk, Landesdenkmalamt, der Architektenkammer Berlin sowie Experten für energetische Ertüchtigung konkrete Lösungsansätze entwickelt wurden. Hier setzt sich das KulturerbeNetz.Berlin für eine zwischen Landes- und Bezirksebene koordinierte Schulbauoffensive ein, die aber gleichzeitig auch die Erhaltung, Ertüchtigung und Nutzung vorhandener Schulbauten mit in den Blick nimmt.

Generell gilt: Denkmalschutz ist immer auch Klimaschutz! Was nicht abgerissen, sondern stattdessen saniert oder umgenutzt wird, spart CO2 und „graue Energie“. Weil es im Denkmalbereich aber nicht nur um Baustoffe und ökologische Kreisläufe, sondern auch um kulturelle Werte und die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadt geht, spricht man in Fachkreisen längst von „goldener Energie“. Obwohl wir seit den Kahlschlagsanierungen der 1960er und 1970er Jahre um diese Aspekte des Denkmalerhalts wissen, wird die aktuelle gesellschaftliche Debatte zur Schonung vorhandener Ressourcen im Koalitionsvertrag ausgeklammert und sollen Partizipation und Denkmalschutz in ihrer Durchsetzungskraft beschnitten werden. 

Eine solche Zurückstufung zugunsten einer tabula rasa-Politik plus Fokus auf schnellen Neubau ist rückwärtsgewandt. Noch ist jedoch Zeit gegenzusteuern: Das KulturerbeNetz.Berlin fordert den Erhalt des bestehenden Denkmalschutzgesetzes und eine Absicherung des Entscheidungsrahmens der amtlichen Denkmalpflege.

Außerdem erneuern wir unsere Forderung nach einem Verbandsklagerecht für Denkmalschutzvereine. Berlin punktet mit seiner historisch vielschichtigen Baukultur und einem breiten Spektrum engagierter Akteure – das muss sich auch im Koalitionsvertrag und im politischen Handeln widerspiegeln!

 

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